Am Mittwoch, den 6. Dezember trug der Chlaus keine Geschenke aus der Sitzung des Thurgauer grossen Rates, sondern einen prall gefüllten Sack mit rückständigen Parolen und Forderungen. Die immensen Verschärfungen im Gesetz über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht nahmen wir mit grosser Besorgnis zur Kenntnis und ein Referendum gegen diese zutiefst zynische und fremdenfeindliche Praxis ist der einzig logische Schluss für die Juso. Es kann nicht sein, dass die Parteien des Bürgertums mit völlig rückschrittlichen Verschärfungen, eine bereits extrem restriktive Praxis verschärft, um davon abzulenken, dass ihre Parteiprogramme aus sonst nichts weiter als Reichenfürsorge bestehen.
Wir sind uns gleichzeitig bewusst, dass wir als Juso alleine nicht in der Lage sein werden, in der kurzen Frist von drei Monaten und über die Festtage 2000 Unterschriften zu sammeln. Wir suchen deshalb in diesem Moment noch nach Verbündeten, bevor wir ein Referendum als Projekt lostreten. Angesichts der Haltung der Grossratsparteien - ausser der Ratslinken - bedeutet ein Referendum zu diesem Gesetz eine grosse finanzielle und personelle Herausforderung. Trotzdem setzen wir alles daran, dass der Thurgau nicht zum Kanton mit der rückständigsten Einbürgerungspraxis der Schweiz wird. Unabhängig vom Zustandekommen eines Bündnisses für ein Referendum stellen wir als Juso folgende Forderungen an die Thurgauer Regierung und das Parlament:
1. Wer Integration verlangt, muss Integration ermöglichen. Wenn die Gesetzeslage im Kanton Thurgau ein Niveau an Deutschkentnissen für eine Einbürgerung voraussetzt, welchem - wie aus der Ratsdiskussion ersichtlich - nicht einmal die Mitglieder der Legislative gerecht werden, muss der Kanton die Möglichkeit schaffen diese Sprachkenntnisse zu erlangen. Den Gemeinden müssen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, damit endlich ausreichend Deutschkurse und Massnahmen zur Integration umgesetzt werden können. Wenn diese Kosten auf die integrationswilligen nicht-Schweizer*innen abgewälzt werden, wird Integration und Einbürgerung zum Privileg der Wohlhabenden. So werden viele ausländische Arbeiter*innen ausgegrenzt und ihnen die Möglichkeit zur Integration genommen. Einbürgerung darf kein Privileg Gutbetuchter sein!
2. Wer den Schweizerpass zum Sonderstatus hochstilisiert, muss Möglichkeiten zur Mitbestimmung durch nicht-Schweizer*innen schaffen. Die Juso fordert das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen auf Gemeinde- und Kantonsebene, damit jene Menschen die hier leben und arbeiten auch mitbestimmen und mitgestalten können.
Die Juso Thurgau setzt sich seit Jahren aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus ein. Die Verschärfung des Bürgerrechtsgesetzes ist nur eine Episode in der langen Geschichte von Ausgrenzung und Schikane gegenüber unseren Freunden, Kolleg*innen, Nachbarn und Bekannten ohne Schweizerpass. Dass die Vorlage allen Ernstes als Kompromiss verkauft wird, zeigt wie zynisch die rechtskonservativen, Reichen und Mächtigen in diesem Kanton auftreten. Trotz allem kämpft die Juso Thurgau auch weiterhin für eine Gesellschaft, in der Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung keinen Platz haben und kein Keil zwischen Menschen mit oder ohne roten Pass getrieben wird.
08.12.2017